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01.04.2025

Hacker als Quelle: Zuverlässigkeit besonders sorgfältig zu prüfen

Stützt sich die Berichterstattung über rechtsextremistische Inhalte eines Chatverlaufs einer namentlich benannten Person auf eine von einem Hacker erstellte html-Datei, muss die Authentizität der Datei und die Vertrauenswürdigkeit des Hackers besonders sorgfältig geprüft werden. Das stellt das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main klar.

Der Kläger wendet sich gegen Berichterstattung der Beklagten in zwei Artikeln. In den Artikeln finden sich Zitate aus Chatprotokollen auf Facebook mit rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Aussagen. Die Beklagten stützen die Berichterstattung auf eine html-Datei, die sie ihren Angaben nach von einem Hacker erhalten haben. Sie schreiben die Chat-Inhalte dem namentlich benannten Kläger zu.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassen in Anspruch. Er behauptet, die Aussagen nicht getätigt zu haben. Das OLG hat der Klage weitgehend stattgegeben. Der Kläger könne sich auf einen Unterlassungsanspruch stützen. Die angegriffenen und im Indikativ stehenden Aussagen verstehe der Leser als feststehende Tatsache. Die Zuschreibung von Zitaten zu einer Person stelle eine Tatsachenbehauptung dar. Da es sich hier um "nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptungen bzw. Meinungsäußerungen" handele, greife die Berichterstattung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein.

Die Beklagten hätten nicht nachweisen können, dass die Chatbeiträge authentisch seien, das heißt tatsächlich vom Kläger stammten. Der Beweiswert des nicht signierten privaten elektronischen Dokuments in Form der html-Datei sei frei zu würdigen, so das OLG. Die Datei sei gemäß den Angaben des Sachverständigen nicht fälschungssicher, sondern könne nachträglich beliebig von einem Editor geändert werden. Die Beklagten hätten keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass an der Datei keine Manipulationen vorgenommen worden seien. Richtig sei zwar, dass sie ihre Informanten nicht nennen müssten. Sie müssten dann aber "so viele Einzelfallumstände offenlegen, dass ein Rückschluss auf die Verlässlichkeit des Informanten und der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Information gezogen werden kann", führte das OLG weiter aus. Daran fehle es hier.

Die von der Autorin der Artikel bei ihrer Anhörung gemachten Angaben zu ihrer Quelle seien nicht ausreichend, um die Zuverlässigkeit der Quelle beurteilen zu können. Die Autorin habe sich lediglich allgemein geäußert. Aus welchem Anlass die Quelle die Datei erstellt und den Beklagten zugespielt habe, sei unklar geblieben. Die Antworten seien insgesamt unbestimmt und zurückhaltend gewesen.

Zu berücksichtigen sei, dass hier erhöhte Anforderungen an die Prüfung der Zuverlässigkeit der Quelle gölten, da die Datei durch eine Straftat durch einen Hacker erlangt worden sei, deren Begehung eine gewisse kriminelle Energie erfordere. Die Beklagten hätten nicht dargelegt, wie sie sich Gewissheit über die Identität ihrer Informanten verschafft hätten. Über welche konkrete Qualifikation bzw. welches Fachwissen der von den Beklagten hinzugezogene Computerexperte verfügte, bleibe ebenfalls unklar. Die Angaben der Autorin enthielten zudem Unstimmigkeiten.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem Bundesgerichtshof begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 27.03.2025, 16 U 9/23, nicht rechtskräftig